Schreib(t) mal wieder:
Die Geschichte des Briefumschlags

Bild: andrewlloydgordon / Pixabay.com
Der Briefumschlag, eine Erfindung der Neuzeit? Von wegen! Entdecken Sie die 4.000 Jahre alte Geschichte des Kuverts, die bei den Babyloniern mit Tonumschlägen beginnt und im digitalen Zeitalter noch lange nicht endet.
Obwohl sie in einer zunehmend digitalisierten Welt nicht mehr annähernd so wichtig sind wie zum Ende des analogen Zeitalters, könnte man Briefumschläge für eine eher moderne Erfindung halten. Doch weit gefehlt: Bereits vor rund viertausend Jahren fertigten die Babylonier frühe Vorläufer heutiger Briefumschläge aus Ton an – und auch die chinesische Erfindung des Briefkuverts aus Papier liegt schon an die 2000 Jahre zurück. Die heute noch gebräuchlichen DIN-Formate für Umschläge sind aber freilich eine weit jüngere Innovation.
Der Briefumschlag ist ein Babylonier – oder doch eher ein Chinese?
Fakt ist: Beide hatten bereits vor Jahrtausenden entscheidenden Anteil an der für das Brief- und Postwesen so wichtigen Innovation. Dass man im antiken Babylonien auf Tonumschläge setzte, erscheint logisch, immerhin handelte es sich dabei um das auch für andere Lager- und Transportgefäße (zum Beispiel Amphoren) übliche Material. Im Hinblick auf Gewicht und Bruchsicherheit handelte es sich trotzdem um keine Dauerlösung. Als Alternative kannte man in der Region bereits den gerollten Papyrus, doch der war kostbar und blieb besonderen Schriftstücken vorbehalten. Als der Chinese Cai Lun im Jahr 105 n. Chr. das erste Papier entwickelte, erkannte man darin nicht nur für den Brief selbst, sondern auch für den Umschlag einen besseren Werkstoff. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte setzte sich der Papierumschlag allmählich in allen Teilen der damals bekannten Welt durch – während man parallel verschiedene Siegel und Symbole zur Sicherung und Authentifizierung entwickelte.
Anfangs waren diese aus Materialien wie Wachs oder Ton bestehenden Siegel noch schlicht und ohne dekorative Elemente, doch auch das sollte sich im Laufe der Jahrhunderte ändern. Insbesondere der Adel leistete sich nun kunstvoll verzierte Siegel, denen man damals einen deutlich höheren Wert beimaß, als es heute bei einer digitalen Signatur der Fall ist. Dennoch (oder gerade deshalb) wurden Siegel durch kriminelle Zeitgenossen gerne gefälscht. Spätestens mit dem Beginn der industriellen Revolution war es damit jedoch vorbei, denn neue Briefumschläge revolutionierten das gesamte Postwesen in den jungen Industrienationen.
Massenpost erfordert Massenproduktion
Oder umgekehrt? Ganz eindeutig lässt sich nicht mehr ausmachen, ob sich zuerst der Bedarf nach großen Mengen an maschinell gefertigten Briefkuverts abzeichnete oder ob die erste Faltmaschine von Hill & De la Rue im Jahr 1845 den Menschen neue Möglichkeiten des Postversandes eröffnete. Fakt ist, dass ab Mitte des 19. Jahrhunderts kaum noch Briefumschläge von Hand hergestellt wurden. Stattdessen war inzwischen ein neues Massenprodukt auf dem Markt, das den Briefversand für jedermann praktikabel und erschwinglich machte. Noch allerdings waren die Briefformate nicht standardisiert, die Post transportierte als riesige Mengen an Privat- und Geschäftspost in den verschiedensten Abmessungen.
Zwar wurde bereits 1840 ein erster Standard-Briefbogen ersonnen, trotzdem war es noch ein recht weiter Weg bis zur Vereinheitlichung. Deshalb war die Gründung des Deutschen Instituts für Normung (DIN) im Jahr 1917 ein echter Meilenstein. Die dort im Jahr 1922 entwickelte DIN-476-Norm mit ihren A-, B- und C-Serien ist die Grundlage für die noch heute üblichen Formate für Papierbogen und Briefumschlag. Und sie wurde ein echter Exportschlager: Seit 1975 kennt man die deutschen DIN-Formate auch international unter der Bezeichnung ISO 216.
Und heute?
Im digitalen Zeitalter hat die Briefpost ihren Bedeutungszenit klar überschritten. E-Mails und andere digitale Kommunikationswege haben viele Briefe obsolet gemacht. Daher sind die Zahlen der Deutschen Post wenig verwunderlich: Hat das Unternehmen im Jahr 2019 noch 15,9 Milliarden Briefe transportiert, waren es 2024 nur noch 12,2 Milliarden. Und die Tendenz ist weiter rückläufig. Eine Zukunft haben Post und Briefumschlag trotzdem: Ob Bargeld, Warenmuster oder gedruckte Zeitschriften, viele Dinge wird man auch in der Zukunft nicht per E-Mail versenden können. Und ein handschriftlicher, auf klassischen Postweg verschickter Liebesbrief hat weiterhin einen ganz besonderen Stellenwert.